Suffizienz und Energiesparmassnahmen im Jahr 2022

Das Jahr 2022 war stark geprägt vom Ukraine-Krieg, welcher die Energiethematik massiv in den Vordergrund rückte. In Bezug auf die Herausforderungen der Nachhaltigkeit und der Suffizienz ist die Bilanz jedoch differenziert zu betrachten.

Auf der einen Seite hat eine gewisse „Suffizienz“ an Bedeutung gewonnen und ist in die schweizerische Debatte eingedrungen. Viele Akteure und Akteurinnen hatten die Gelegenheit, sich damit auseinanderzusetzen und sich an den Diskussionen zu beteiligen, was zu einem besseren Bewusstsein und Verständnis der energiepolitischen Herausforderungen auf nationaler Ebene geführt hat.

Auf der anderen Seite kam diese „Suffizienz“ mit einer gewissen Verwirrung zwischen den Begriffen Suffizienz, Energiesparmassnahmen und Effizienz. So sind es in Wirklichkeit die Energiesparmassnahmen, die in unseren Alltag Einzug gehalten haben, wobei kurzfristig die unnötige Verschwendung vermieden werden soll, zum Beispiel das Licht in leeren Räumen löschen, das Wasser nicht unnötig laufen lassen, Deckel auf die Pfanne beim Kochen und so weiter. Diese Massnahmen sind notwendig und wichtig auf einer individuellen Ebene, denn Verschwendung soll vermieden werden, aber sie werden nicht ausreichen, um die Klima- und Umweltkrise zu bewältigen. Dies gilt umso mehr, als diese Anstrengungen mit dem Ziel unternommen wurden, „über den Winter zu kommen“, mit einer kurzfristigen Denkweise ohne das Klima wirklich zu berücksichtigen.

Die Krise ist so umfassend, dass sie starke, schnelle und umfassende Antworten erfordert. Dies erfordert zusätzlichen zu den Energiesparmassnahmen die Suffizienz, welche eine freiwillige und systematische Vorgehensweise ist, die unseren Energie- und Ressourcenverbrauch kritisch hinterfragt und verändert, um gleichzeitig eine gute Lebensqualität zu gewährleisten sowie die ökologischen Grenzen der Erde zu respektieren.

In diesem Sinne sind individuelle Energiesparmassnahmen Wassertropfen in einem Meer von kollektiven Entscheidungen, und négaWatt ruft zu einer breiten gesellschaftlichen Reflexion und Entwicklung auf, um unsere Widerstandsfähigkeit gegenüber Krisen zu erhöhen. Denn ein minimierter Verbrauch dank eines systemischen Ansatzes der Suffizienz bietet zahlreiche Vorteile in Bezug auf die Energieproduktion, welche kleinere, potenziell erneuerbare Anlagen erfordern würde, ohne Auswirkungen auf schützenswerte Lebensräume (siehe espacessuisse.ch), mit einer besseren Versorgungsautonomie auf europäischer Ebene und ohne Abhängigkeit von autokratischen Staaten, die die Menschenrechte wenig respektieren.

Daher die Forderung: Suffizienz für ein robustes und nachhaltiges Energiesystem!

 

Autoren : Philippe Bovet und David Moreau