Der Klimawandel drückt dem Jahr 2022 den Stempel auf!

Im Zusammenhang mit der Energiewende ist es wichtig, die Prozesse des Klimawandels zu verstehen. Deshalb ist es interessant, einen Blick auf das klimatologische Jahr 2022 in der Schweiz zu werfen. Wie ist dieses Jahr in die langfristigen Trends einzuordnen? Mit welcher Referenzperiode werden die Messwerte von 2022 verglichen? Und was ist in diesem Zusammenhang der Unterschied zwischen Klimatologie und Meteorologie?

Die nachfolgenden Informationen über das Jahr 2022 basieren auf dem jährlichen Klimabulletin von MeteoSchweiz. Das Jahr 2022 ist das wärmste Jahr seit Beginn der Messungen im Jahr 1864. Es ist 1.6°C wärmer als die aktuelle Norm (Durchschnitt von 1991-2020), wobei diese Norm 1991-2020 im schweizweiten Mittel bereits 2°C wärmer als die vorindustrielle Periode (1871-1900) ist.

Etwas mehr ins Detail bedeutet dies:

  • Die Temperaturen waren das ganze Jahr über höher als der aktuelle Durchschnitt (1991-2020), mit Ausnahme des Septembers, welcher im schweizweiten Mittel etwas unterdurchschnittliche Temperaturen aufwies. Der Sommer 2022 war der zweitwärmste jemals gemessene Sommer (mit 2,3°C über der Norm 1991-2020) und lag damit nur knapp hinter dem Hitzesommer 2003, der den Durchschnitt um 3°C übertraf. Der Sommer hatte drei Hitzeperioden (Mitte Juni, Mitte Juli und Anfang August), wobei die Hitzeperiode von Mitte Juni im Vergleich zur Norm erheblich verfrüht war.
  • Die Sonnenscheindauer im Jahr 2022 war besonders hoch: Auf der Alpennordseite lag die Sonnenscheindauer zwischen 120 und 130% der Norm und mehrere Orte verzeichneten das sonnigste Jahr seit Beginn der Messungen.
  • Die Niederschlagsmenge im Jahr 2022 erreichte lediglich 70-90% der Norm 1991-2020 in der gesamten Schweiz, mit Ausnahme der Südschweiz, wo die Werte sogar nur 50-75% erreichten. Auf der Alpensüdseite lagen die Niederschlagsmengen von Anfang Jahr bis Ende Sommer deutlich unter der Norm. Im Gegensatz zur Alpennordseite, wo die Niederschläge vor allem im Frühling und Sommer fehlten.

Wie lässt sich dieses Jahr nun in die langfristigen Trends einordnen? Aufmerksame LeserInnen haben es bereits erkannt: Klimaanalysen werden immer in Bezug auf eine Norm, also einen langjährigen Durchschnitt (oft 30 Jahre), durchgeführt. Das liegt an den unterschiedlichen Zeitskalen, also dem Unterschied zwischen Klima und Wetter. Auf einer kurzfristigen Skala von einigen Tagen oder Wochen spricht man vom Wetter (Meteorologie), während auf längeren Skalen für die Entwicklung des Klimas und des Klimawandels die Analyse eines Zeitraums von mehreren Jahren unerlässlich ist. Um beispielsweise eine Erwärmung der Temperaturen zu beobachten, werden 30-Jahres-Zeiträume gemittelt, um sie miteinander zu vergleichen (z.B. wie oben erwähnt: der aktuelle Standard liegt 2 °C höher als in der vorindustriellen Zeit). Dieser Ansatz ist wichtig, da die einzelnen Jahre untereinander grosse Unterschiede aufweisen, was auf die interne Variabilität des Klimasystems zurückzuführen ist.

MeteoSchweiz vergleicht das Jahr 2022 mit der aktuellen Norm von 1991-2020 (also dem 30-jährigen Durchschnitt). Anschliessend wird dieser Zeitraum mit früheren Zeiträumen verglichen, um eine Vorstellung davon zu bekommen, wie sich eine Variable entwickelt. In der folgenden Abbildung ist die Temperaturentwicklung im Vergleich zur Norm 1961-1990 zu sehen. Die Erwärmung auf klimatologischer Ebene ist deutlich erkennbar.
@ MeteoSchweiz
Somit ist verständlich, dass ein einzelnes Jahr mit höheren Temperaturen verglichen mit den Vorjahren noch nicht direkt auf den Klimawandel zurückgeführt werden kann. Dazu bedarf es einer Erwärmung über mehrere Jahre, welche wiederum die Norm verändern wird. In diesem Sinne folgt das Jahr 2022 stark dem Trend der Erwärmung, der seit den 1990er Jahren zu beobachten ist.

Zum Schluss noch ein kleiner Vergleich der beobachteten Erwärmung in der Schweiz mit der globalen Ebene. Der letzte Sachstandsbericht des IPCC (Zwischenstaatlicher Ausschuss für Klimaänderungen), der 2021 veröffentlicht wurde, besagt, dass der globale Temperaturanstieg im Durchschnitt bei +1,1°C (Durchschnitt 2011-2020) im Vergleich zum Standard von 1850-1900 liegt. Wie bereits erwähnt, ist die aktuelle Norm in der Schweiz um 2°C wärmer als die vorindustrielle Periode. Und das Jahr 2022 ist sogar noch viel wärmer als die aktuelle Norm. Dies zeigt, dass der globale Temperaturanstieg nicht gleichmässig verteilt ist. Tatsächlich ist der Temperaturanstieg über den Ozeanen niedriger (da der Ozean einen Grossteil der Wärme absorbiert) als an Land.

 

Quellen

IPCC, 2021: Climate Change 2021: The Physical Science Basis. Contribution of Working Group I to the Sixth Assessment Report of the Intergovernmental Panel on Climate Change

MeteoSchweiz 2023: Klimabulletin Jahr 2022. Zürich

 

Autorin: Sonia Flückiger